Trends im Bäckerhandwerk


Die Ernährungsgewohnheiten der Bevölkerung gehören zu den Faktoren, die für den wirtschaftlichen Erfolg des Bäckerhandwerks bestimmend sind. Obwohl sie zu den Verhaltensweisen gehören, die sich nur relativ langsam ändern, zeichnen sich in den letzten Jahren bedeutsame Entwicklungen ab. Auch der technische Fortschritt hat die Produktions- und Arbeitsbedingungen in den Bäckereien spürbar verändert.


Folgende Trends sind seit einiger Zeit bestimmend:


Außer-Haus-Verzehr nimmt zu


Diese Entwicklung beruht vor allem auf der Zunahme der kleinen Haushalte und der Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Die tägliche Verpflegung muß für viele Konsumenten bequem und schnell zur Verfügung stehen. Der gleichzeitig rückläufige Inner-Haus-Verzehr geht zu Lasten der Bäcker. Viele Betriebe haben allerdings flexibel reagiert und die Chancen auf diesem neuen Wachstumsmarkt erkannt. Brot und Backwaren stellen eine sehr gute Basis für kleine Zwischenmahlzeiten dar. Daher war es für viele Bäcker relativ einfach, ein eigenes Angebot von Snacks zu produzieren. Dies führte zu einer Umschichtung des Umsatzes. Während das Standardsortiment stagniert oder leicht zurückgeht, können im Snackbereich kräftige Zuwächse erzielt werden. Das Marktpotential veranlaßt viele Unternehmen, über das typische Bäckereiangebot hinaus auch Produkte aus dem Gastronomiebereich anzubieten. Salatbars und schnell herzustellende warme Mahlzeiten bereichern das heutige Angebot. Einige besonders erfolgreiche Unternehmenskonzepte zeigen, daß diese Entwicklung noch längst nicht abgeschlossen ist. In Zukunft werden sich möglicherweise die Grenzen zwischen den Berufen in der Ernährungsbranche immer mehr verwischen.


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Erlebniseinkauf


Foto: Firma Walterscheid GmbH, Neunkirchen
Ein immer noch bedeutsamer Trend, der sich allerdings unter dem Einfluß stagnierender oder sogar rückläufiger Kaufkraft der Verbraucher abgeschwächt hat, läßt sich mit dem Stichwort Erlebniseinkauf beschreiben. Er beruht letztlich auf der Tatsache, daß der Markt für Lebensmittel fast gesättigt ist. Ein Wachstum läßt sich in der Regel nur noch über neue Produkte erzielen. Dies führt dazu, daß das Angebot immer vielfältiger wird. Die letzte Stufe auf dieser Skala ist nicht allein ein breites Sortiment, sondern darüber hinaus das Vermitteln einer besonderen Einkaufsatmosphäre. Der Einkauf soll für den Konsumenten über die bloße Zweck-erfüllung hinaus ein angenehmes Erlebnis bedeuten. Die Umsetzung dieses Konzeptes in der handwerklichen Bäckerei erfolgt beispielsweise durch ein Sortiment von qualitativ hochwertigen Spezialitäten, das von einem häufig wechselnden Angebot von Snacks, kleinen Mahlzeiten und Konditorwaren begleitet wird.






Gesundheitsbewußte Ernährung


Foto: Firma Walterscheid GmbH, Neunkirchen
Foto: Firma Walterscheid Geschäfts-
einrichtungen GmbH, Neunkirchen

In den letzten Jahren hat sich die Zahl der in den Medien veröffentlichten echten und vermeintlichen Lebensmittelskandale gehäuft. Das Interesse, das diesen Berichten entgegengebracht wird, ist ein Maßstab für die wachsende Sensibilisierung der Verbraucher im Hinblick auf die Qualität und gesundheitliche Unbedenklichkeit der Lebensmittel. Brot- und Backwaren haben von diesem Trend profitiert, denn nach den neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen muß der Kohlenhydratanteil in der Ernährung gesteigert und der Fettanteil reduziert werden. Die vor allem in Deutschland und den nordeuropäischen Ländern gestiegene Nachfrage nach ballaststoffreichen Vollkornprodukten ist ebenfalls auf den Gesundheitsaspekt zurückzuführen. Der Trend zur gesunden Ernährung findet seine Steigerung, indem auch Aspekte des Umweltschutzes bei der Herstellung der Rohstoffe und Endprodukte zunehmend Beachtung finden. So gibt es bereits Erzeugergemeinschaften von Landwirten, Mühlen und Bäckereien, die über die gesamte Produktionskette gewisse Produkteigenschaften, wie z. B. die ausschließliche Verwendung von ungespritztem Getreide garantieren.


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Convenience-Stores


Die Konzentration im Einzelhandel hat zu örtlichen und regionalen Versorgungslücken geführt, die bald von anderen Anbietern entdeckt wurden. Hierzu zählten auch die Bäcker, die mit Verkaufsmobilen über Land fuhren und die Bevölkerung mit den notwendigsten Backwaren versorgten. Der neueste Trend sind Convenience-Stores, die ein Sortiment von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs anbieten, wobei ein Schwerpunkt im Bereich Fast Food und Snacks liegt. Das Einkaufen im Convenience Store muß bequem sein. Das schließt ein, daß die Geschäfte leicht zur erreichen sind - vor allem mit dem eigenen Auto - und der Einkauf schnell und gegebenenfalls auch außerhalb der üblichen Ladenöffnungszeiten durchgeführt werden kann. Durch den hohen Anteil von Lebensmitteln im Sortiment, zu denen vor allem auch Backwaren gehören, birgt dieser neue Markt für das Bäckerhandwerk sowohl Risiken als auch Chancen.






Internationalisierung der Lebensmittel



Foto: ULDO Backmittel,
Dornierstr. 14, 89231 Ulm
Ein europaweit zu beobachtender Trend ist die zunehmende Vielfalt an internationalen Spezialitäten auf den nationalen Lebensmittelmärkten. In den sechziger und siebziger Jahren waren es zum Beispiel Spaghetti und Pizza, die ihren Weg aus Italien in die nördlicher liegenden Länder Europas nahmen, während umgekehrt beispielsweise deutsche und niederländische Biere in die Mittelmeerländer exportiert wurden. Die Fast-Food Welle brachte später typisch amerikanische Ernährungsgewohnheiten nach Europa, während "european style food" bei der gutverdienenden urbanen Bevölkerung der USA großen Anklang fand. Heute kann man ähnliche Entwicklungen auch bei Backwarenspezialitäten beobachten. So kann man ein Baguette nach französischer Art jederzeit sowohl in England als auch in den Niederlanden erstehen und das italienische Ciabatta ist längst zum gefragten Bestandteil deutscher Partybüffets geworden. Der Anteil ausländischer Spezialitäten wird auch in Zukunft weiter wachsen.


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Computer in der Backstube


Die EDV hält bereits seit einigen Jahren Einzug in die Backstuben. Mittlerweile gibt es fast jede bewährte Bäckereimaschine und Anlage in einer computergesteuerten Ausführung. So läßt sich nicht nur die Verwiegung der Teigzutaten, sondern auch das Kneten, das Abwiegen, Wirken oder Tourieren der Teige durch Programme steuern. Ebenfalls sind viele Backöfen mit einer EDV-gestützten Steuerung versehen. Der Druck auf den Knopf bestimmt so automatisch, welcher Temperaturverlauf während des Backprozesses eingehalten und wann und wieviel Wasserdampf gegeben wird. Die EDV hilft dabei, Fehler zu vermeiden und erhöht so die Produktionssicherheit. Dadurch werden auch Schwankungen in der Qualität der Backwaren verringert. Außerdem können viele Routinearbeiten schneller ausgeführt werden. Die wichtigste Aufgabe muß der Bäckermeister aber nach wie vor selber ausführen: er muß herausfinden, mit welchen Zutatenmengen und welchen Verarbeitungsbedingungen eine neue Mehllieferung oder eine neue Rezeptur zu optimalen Produkten führt. Erst wenn dieses Wissen zur Verfügung steht, kann der Computer damit "gefüttert" werden.


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Kältetechnik auf dem Vormarsch


Eine der bedeutendsten technologischen Entwicklungen in der Backwarenbranche ist in den letzten Jahren die zunehmende Verwendung der Kältetechnik in ihren verschiedenen Anwendungen. Die Kältetechnik ermöglicht ein Aufteilen des Herstellprozesses von Backwaren, ohne daß spürbare Qualitätsverluste entstehen. Dabei werden insbesondere Teige für Kleingebäck nur bis zur Stufe des Teiglings aufgearbeitet und anschließend einem der verschiedenen Kühlverfahren zugeführt. Die gekühlten oder tiefgefrorenen Teiglinge können bei Bedarf später fertiggegart und abgebacken werden. Die Kältetechnik hat wesentliche Vorteile. Sie ermöglicht das Herstellen größerer Mengen eines Produktes in einem Arbeitsgang und führt damit zu geringeren Herstellkosten. Sie entlastet auch den Produktionsprozeß, der gerade in den frühen Morgenstunden durch einen besonders großen Arbeitsanfall gekennzeichnet ist. Die Abstimmung der Produktion mit dem Absatz der Erzeugnisse wird darüber hinaus verbessert. Und sie ermöglicht, daß die Orte der Herstellung der Teiglinge und des Abbackens getrennt sein können. Kältetechnik ist dadurch die Grundlage für den Einsatz von Ladenbacköfen, durch die die Kunden des Bäckerhandwerks mehrmals am Tag in den Genuß ofenfrischer Backwaren kommen.


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