Gedichte & Lyrik zum Backhandwerk





Der Bäcker


Während du schläfst und sanft einem neuen Morgen entgegendämmerst,
steht er in der Backstube und bäckt dein Brot und deine Semmeln. 
Er hat nicht den Abendfilm gesehen, nicht mit Freunden geplaudert. 
Er ging schlafen, als es für dich erst so richtig gemütlich wurde. 
Und zur Zeit deines ersten Tiefschlafes stand er auf um für dich und 
mich zu arbeiten. Hat er bei dir das Ansehen das er verdient?


Helga Anzenberger






Bäckersmann


Wer nicht tüchtig kneten kann,
ist kein rechter Bäckersmann.

Packe zu, spar' keine Kraft,
durch und durch den Teig geschafft!

Hand und Arm und Finger drückt,
jeder Klumpen wird zerstückt.

Jedes Teil das andre fand,
mächtig fühlt das Mehl die Hand.

Greife fest und schaff' und schweig':
Gottes Segen wirk' im Teig!

Elisabeth Klein






Der Bäcker Nachts (eingesandt von Hubert Hutschneider)


2h nachts da tönt der Wecker;
steh auf mein Freund du bist der Bäcker;
du machst die Kuchen du machst die Kringel;
du hörst noch auf die Weckerklingel;
nur der Star ruht sich noch aus;
der geht noch lang nicht aus dem Haus;
er liegt im Bett und raucht ´ne Kippe;
du knetest deine erste Schrippe;
er dreht sich um nach seinen Frau´n;
du beginnst auf die Uhr zu schaun ...

Popstars haben nichts zu melden
Bäcker sind die wahren Helden

Popstars machen sich sehr rar
Bäcker sind für alle da

der Star der denkt schon an die nächste Sause huuii....;
noch zwei Stunden bis zu deiner Pause;
dann wird er müde und schläft ein;
du schiebst das Brot in den Ofen rein;
in deiner Lunge sitzt der Mehlstaub;
die Ohr´n vom grauen Star die werden bald taub;
entschuldige, mir fällt nichts ein;
machts dir was aus der Held zu sein?

Popstars haben nichts zu melden
Bäcker sind die wahren Helden

Popstars machen sich sehr rar
Bäcker sind für alle da






Brot in deiner Hand


An der Jakobstraße in Paris liegt ein Bäckerladen; da kaufen viele hundert Menschen ihr Brot. Der Besitzer ist ein guter Bäcker. Aber nicht nur deshalb kaufen die Leute des Viertels dort gern ihr Brot. Noch mehr zieht sie der alte Bäcker an: der Vater des jungen Bäckers. Meistens ist nämlich der alte Bäcker im Laden und verkauft. Dieser alte Bäcker ist ein spaßiger Kerl. Manche sagen: Er hat einen Tick. Aber nur manche; die meisten sagen: Er ist weise er ist menschenfreundlich. Einige sagen sogar: Er ist ein Prophet. Aber als ihm das erzählt wurde knurrte er vor sich hin: "Dummerei ..."

Der alte Bäcker weiß daß man Brot nicht zum Sattessen brauchen kann und gerade das gefällt den Leuten. Manche erfahren das erst beim Bäcker an der Jakobstraße z. B. der Autobusfahrer Gerard der einmal zufällig in den Brotladen an der Jakobstraße kam. "Sie sehen bedrückt aus" sagte der alte Bäcker zum Omnibusfahrer. Ich habe Angst um meine kleine Tochter antwortete der Busfahrer Gerard. Sie ist gestern aus dem Fenster gefallen aus dem zweiten Stock. – "Wie alt?" fragte der alte Bäcker. "Vier Jahre" antwortete Gerard. Da nahm der alte Bäcker ein Stück vom Brot das auf dem Ladentisch lag brach zwei Bissen ab und gab das eine Stück dem Busfahrer Gerard. Essen Sie mit mir sagte der alte Bäcker zu Gerard ich will an Sie und ihre kleine Tochter denken.

Der Busfahrer Gerard hatte so etwas noch nie erlebt aber er verstand sofort was der alte Bäcker meinte als er ihm das Brot in die Hand gab. Und sie aßen beide ihr Brotstück und schwiegen und dachten an das Kind im Krankenhaus. Zuerst war der Busfahrer Gerard mit dem alten Bäcker allein. Dann kam eine Frau herein. Sie hatte auf dem nahen Markt zwei Tüten Milch geholt und wollte nun eben noch Brot kaufen. Bevor sie ihren Wunsch sagen konnte gab ihr der alte Bäcker ein kleines Stück Weißbrot in die Hand und sagte: "Kommen Sie essen Sie mit uns: Die Tochter dieses Herrn liegt schwer verletzt im Krankenhaus sie ist aus dem Fenster gestürzt. Vier Jahre ist das Kind. Der Vater soll wissen daß wir ihn nicht allein lassen." Und die Frau nahm das Stückchen Brot und aß mit den beiden.

So war das oft in dem Brotladen in dem der alte Bäcker die Kunden bediente. Aber es passierte auch anderes über das sich die Leute noch mehr wunderten. Da gab es z. B. einmal die Geschichte mit Gaston: An einem frühen Morgen wurde die Ladentüre aufgerissen und ein großer Kerl stürzte herein. Er lief vor jemandem fort; das sah man sofort. Und da kam ihm der offene Bäckerladen gerade recht. Er stürzte also herein schloß die Tür hastig hinter sich zu und schob von innen den Riegel vor. "Was tun Sie denn da?" fragte der alte Bäcker. "Die Kunden wollen zu mir herein um Brot zu kaufen. Machen Sie die Tür sofort wieder auf." Der junge Mann war ganz außer Atem Und da erschien vor dem Laden auch schon ein Mann wie ein Schwergewichtsboxer in der Hand eine Eisenstange. Als er im Laden den jungen Kerl sah wollte er auch hinein. Aber die Tür war verriegelt.

"Er will mich erschlagen" keuchte der junge Mann. "Wer? Der?" fragte der alte Bäcker. "Mein Vater" schrie der Junge und er zitterte am ganzen Leibe. "Er will mich erschlagen. Er ist auf neunzig!" – "Das laß mich nur machen" antwortete der Bäcker ging zur Tür schob den Riegel zurück und rief dem schweren Mann zu: "Guten Morgen Gaston! Am frühen Morgen regst du dich schon so auf? Das ist ungesund. So kannst du nicht lange leben. Komm herein Gaston. Aber benimm dich. Laß den Jungen in Ruh! In meinem Laden wird kein Mensch umgebracht."

Der Mann mit der Eisenstange trat ein. Seinen Sohn schaute er gar nicht an. Und er war viel erregt um dem Bäcker antworten zu können. Er wischte sich mit der Hand über die feuchte Stirn und schloß die Augen. Da hörte er den Bäcker sagen: "Komm Gaston iß ein Stück Brot; das beruhigt. Und iß es zusammen mit deinem Sohn; das versöhnt. Ich will auch ein Stück Brot essen um euch bei der Versöhnung zu helfen." Dabei gab er jedem ein Stück Weißbrot. Und Gaston nahm das Brot auch sein Sohn nahm das Brot. Und als sie davon aßen sahen sie einander an und der alte Bäcker lächelte beiden zu. Als sie das Brot gegessen hatten sagte Gaston: "Komm Junge wir müssen an die Arbeit."

Aus: Heinrich A. Mertens:
Brot in deiner Hand
Geschichten für Kinder von der Bedeutung des heiligen Mahles
6. Auflage München 1982
S. 5 – 8.






Brot - eine besinnliche Geschichte


"Es gibt nichts Schöneres, als die Hände einer Frau im Mehl", singt der französische Sänger Claude Nougaro im Refrain eines seiner Chansons; "Il n’y-a rien de plus beau, que les mains d’une femme dans la farine".

Der schwere Holzkasten in der Küche meiner Grossmutter hatte eine Mehlschublade. Wenn die Grossmutter gut aufgelegt war, und das war sie fast immer und wenn sie Backtag hatte, das war sehr oft, durfte ich mit dem offenen Mehl spielen. Ich musste mir die Hände waschen, dann konnte ich mit einem Löffel Figuren eindrücken oder einen Berg schaufeln. Bald aber zog es mich an den grossen, hohen Küchentisch. Der Teig war bereit, Naschen war mir bei der Grossmutter zuhause erlaubt. Ich schaute den Frauen zu, wie sie mit kräftigen, schweren Schlägen den Züpfenteig auf den Tisch klopften. Kräftige Oberarme in geblümten, hochgerollten Ärmeln. Mit dem Handrücken wischte die Mutter eine verschwitzte Haarsträhne aus dem Gesicht. In manchem Schlag steckte die Wut einer Enttäuschung. «Der ist für den Erwin, weil er immer den anderen Mädchen nachschaut» rief meine ältere Schwester mit rotem Kopf. Die Küche erzitterte, die Gläser im Schrank klirrten, die anderen Frauen lachten. Kein Mann hätte es gewagt, in die Küche zu schauen, einzig als Knirps war ich geduldet. Ich musste gefühlt haben, wie gemeinsames Wissen um Sinnlichkeit die Frauen verband. Ich wurde hinausgeschickt, zum Spielen.

Das rhythmische Klopfen war überall im Haus zu hören. Es mahnte den ganzen Haushalt: morgen ist Sonntag und wir hier in der Küche backen das Brot für den Feiertag der Woche. Wir geben das Leben weiter.

- - -

Es ist frühmorgens, die Strassen der Stadt strecken sich ein letztes Mal, bevor sie die Lasten eines neuen Tages hinnehmen müssen. Ich bin auf dem Weg zur Arbeit, es ist noch dunkel, nur aus der Bäckerei lässt warmes, gelbes Licht frisches Brot ahnen. Schon klingelt hinter mir die Tür und die Verkäuferin eilt aus der Backstube in den Laden. Sie muss gut riechen, denke ich, und sie hat schöne Hände. Wir wissen beide was kommt, und doch wiederholen wir jeden Morgen das kleine, freundliche Ritual um ein paar Brötchen. Warum, schiesst es mir durch den Kopf, sind Frauen, die Brot verkaufen so sinnlich? Was verleiht ihnen diesen besonderen Glanz? Wir geben das Leben weiter, scheinen die sanften braunen Augen zu antworten, während ich ein paar Münzen hervorsuche und die Tüte mit dem knusprigen Gebäck entgegennehme. Kaum aus dem Laden, beisse ich im Gehen in ein frisches, duftendes Brötchen. Die Strassenbahn rattert um die Ecke, sie wird mich an den Bahnhof bringen.

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Die Sonne brennt heiss, bald muss Mittag sein, Zeit essen zu gehen. Die uralte Ägypterin, mager, ausgetrocknet, umweht von weiten Röcken, kauert neben ihrem Lehmofen. Nur ihre dunklen Augen blitzen aus den schwarzen Tüchern. Der Backofen ist nach der Tradition ihrer Vorfahren gebaut. Keine Pyramide, kein prächtiger Tempel, aber Form und Zweck haben ebenfalls Jahrtausende überlebt. In einer zerbeulten Blechschüssel knetet die Alte mit braunen, langen Fingern weissen Teig zu Fladen. Ihre Augen leuchteten, sinnlich, verführerisch, weiss sie, dass sie Leben weitergibt? Der Geruch nach frischem Brot vermischt sich mit beissenden Rauch. Mit Tränen in den Augen nehme ich das Brot entgegen - es kostet nichts und ich wusste nicht, wie danken. Das original typische Fladenbrot ist im Preis für die Mahlzeit inbegriffen. Hinter mir drängeln ein paar Engländer, sie lachten, spotten über die kümmerlichen Werkzeuge zur Brotherstellung. Ich gehe weiter, am Pool vorbei, gehe zum Mittagsbuffet. Aus der Ferne sehe ich durch den Rauch, wie die dunkle Bäckerin bereits dem nächsten Touristen ein Fladenbrot entgegen streckt.

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Es ist Nacht, schon bald Morgen. Die Musik, die uns einen langen Abend durch unsere Träume hindurch gegeneinander zu trieb, ist längst verstummt. Die Lichter gingen eines um das andere aus, auf der grossen Wiese am See wurde es schwarz. Ein kalter Hauch zog dem Boden nach, es war frisch, man hätte sich einen Pullover gewünscht. Weit hinten auf der Strasse hupten ein paar Autos im Wegfahren, Scheinwerferbündel strichen über das Gras. Wir fassten uns an den Händen und die Hände sagten, bitte, lass uns lange nicht auseinander gehen.

Am Boden lag ein weggeworfenes Brötchen, zertreten, schmutzig. Industriebrot, wahrscheinlich für einen Hamburger bestimmt. Blutrot verschmiert von Tomatensauce, halb in den Boden getreten. «Das sind dumme Leute, die Brot wegwerfen» lehrte uns seinerzeit die Mutter. Vorsichtig gingen wir um die Resten herum. «Dieses Leben wird niemand mehr nehmen wollen», dachte ich noch. Wir gehen in die kühle Nacht hinein, an den See.

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Dann, Jahre später, wir sitzen vorne im Schiffchen, ein Glas in der Hand. Beim Ablegen sehen wir noch ein letztes Mal weiss das alte Kirchlein im grünen Hang. Grüne Weinflaschen warten auf weissem Leinen. Der Tisch ist lang und einladend, die Tischdecke knattert frech im Wind. Körbe voller Brot, stolze Züpfen, geknetet und geklopft, geformt und gebacken von wissenden Frauen, für dieses eine Fest. Wir stossen an, wünschen gutes Leben. Geplauder, Gelächter lässt man im Wind aufsteigen, freundlich lächelnde Drachen der Zuneigung schweben über unserem Boot. Ich hänge meine Gedanken über das Geländer. Und endlich habe ich begriffen, dass wir hier Abendmahl feiern.






Im Backeshaus - Brotbacken vor 60-70 Jahren


Von Anonymus (aufgeschrieben nach einer Audio-Kassette besprochen vom Autor in Westerwälder Mundart).

Wenn ich mich zurück erinnere an meine Kindheit und nur an das Brotbacken denke, was das für ein Umstand war bis alles mal soweit gerichtet war und die Vorbereitungen getroffen waren, dann muß ich heute noch schmunzeln. Als allererstes wurden wir dann geschickt in ein ganz bestimmtes Haus und mußten um den Backtag spielen, d.h. mit anderen Worten, man mußte losen. Aber, man konnte nicht vor zwei Tagen, ehe man backte und nicht vor morgens acht Uhr, da sein. Wenn man dann früh genug war, dann ließ man sich auf eine Schiefertafel schreiben, die an der Außenseite vom Haustürbalken hing. Dann war man eben Erster für den bestimmten Backtag in zwei Tagen. Dann ging man heim und hat seinen Eltern gesagt, ich war früh genug, ich habe gelost und wir haben den Tag geliehen, um zu backen. Dann war das soweit gut. Dann konnte es passieren, dann kam im Laufe des Tages oder des nächsten Tages der eine oder andere und sagte: „Guten Tag, guten Tag. Hört mal, wir wollen auch backen. Wir haben gehört, ihr hättet einen Tag geliehen. - Ja, das haben wir. Wann wollt Ihr denn backen?“

Ja, war das jetzt Wintertag, dann waren wir so schlau und sagten, wie backen dritten. Weil, im Wintertag war der Backes kalt und man brauchte um so mehr Holz. Wir nannten das Schanzen. Das war immer so ein Bund Reiser. Da brauchte man vier, fünf Schanzen und das war schon ein enormer Verschleiß. War es aber Sommertag, da man zum Heu wollte, oder man wollte Feldarbeit machen, da sagte man, wir backen erster. Gut, je nachdem, wenn, was sich oft zutrug, vier an dem Tag backen wollten, dann mußte man Obacht geben, daß man nicht vierter Bug.

Dann war es wieder düstere Nacht. Dann war man wieder mit der Kerze in dem Backens. Dann hat man wieder kein Licht. Das war alles so ein Lotteriespiel. Anja, wenn dann der Tag soweit hereinkam, dann wurden wir Kinder fortgeschickt gegen Abend: „Holt den „Hewwerling!“. Der Hewwerling das war der Sauerteig. Da waren bestimmte Familien, die hatten immer einen Hewwerling bereit. Die taten in Westerwälder steinerne Töpfe den Batzen Teig hinein. Und dann bewahrten die den im Kühlen auf, bis der geliehen wurde. Dann ging man abends als Kind in das Haus, klopfte an: „Guten Abend, guten Abend. Ich wollte mal fragen, ob ich Euren Hewwerling geliehen haben könnte“. Entweder sagten die Leute: „Ja, Du kannst ihn haben“ oder die sagten: „Du bist zu spät, die haben ihn schon geholt. Die anderen“. Dann ging man eben in das nächste Haus. Da konnte es dir passieren, daß der auch fort war. Je nachdem. Jetzt war die Sache brenzlig.

Man hat daheim früh genug gesagt gekriegt, „Hol’ den Hewerling“, und hat das vergessen. Und jetzt drängte die Zeit. Der Hewerling mußte herbei. Also mußten wir in das Unterdorf. Und das war eigentlich nicht üblich. Man holt sich seinen Hewerling im Oberdorf. Was wollte man machen, man mußte den Hewerling heimbringen. Ja, dasselbe Zeremoniell. Jetzt hatten die einen alten Hewerling, der acht Tage alt war. Dann sagten die: Den Hewerling kannst du kriegen“. Dann waren die froh, daß das alte Ding auf die Seite kam. Der verlor ja seine Kraft. Hatten die einen frischen Hewerling, da sagten die: „Jung’, mir haben den Hewerling nicht“. Dann konntest Du ihn nicht kriegen. Aber wenn der alte Hewerling da war, dann kriegste den mit, packst in unter den Arm und da war der so schön oben übergelaufen und so rissig. Bis du dann heimkamst, das haben meine Brüder, das haben wir alle gemacht, wenn wir ihn da holten, dann haben wir den außen herum weggefressen. Immer so ein Stück abgebrochen und dann, wenn man heimkam, die Hand genommen und noch mal rundgefahren, daß er wieder zusammenging und dann wurde gescholten und ab und zu kriegste auch noch ein paar „hinne de führ“.

Dann wurde die Backmulde hereingeholt. Am selben Abend, je nach Witterung, wenn es Winter war, mußte über Nacht in der Küche, wurde der Tisch hervorgerückt, hinten auf die Bank gestellt mußte die Backmulde warm werden, weil die aus der kalten Scheune kam. Ja, wenn die Backmulde dann morgens warm war, ehe mein Papa dann zur Arbeit ging, dann schüttete er von dem Sack Mehl die Hälfte in die Backmulde. Das andere verwahrte er auf einem Stuhl. Man hat dann so ein emailliertes Tablett als Mehlschaufel, die schob der dann immer schon, der Sack war aufgerollt, wie beim Bäcker, in das Mehl. Dann wurde so ein „Brabbes“ gemacht. D.h. der gelernte Bäcker macht den Vorteig auch schon steif, aber mein Papa der macht so ein „Brabbes“.

Mit 2 oder so 2 ½ Eimern Wasser, daß waren so ungefähr 25 l, je nachdem wieviel Brote das gab, 16 oder 18 Brote. Nun muß ich natürlich noch vorausschicken, wir aßen alle 14 Tage so 18 Brote. Die schweren Bauernbrote. Die schweren Kerle. Und jedesmal, wenn wir dann backen mußten, dann sagte meine Mama: „Wir haben das letzte Brot angeschnitten.“ Das sagte mein Papa: „Immer, wenn ich mal was schaffen will, dann muß ich backen! Es ist kein Mann im Dorf, der soviel bäckt wie ich!“ Der hat nicht ganz unrecht. Wir haben viel Brot gegessen. Nun ja, er mußte wohl oder übel anmengen. Je nachdem wie die Zeiten waren, nach dem Krieg, wurde auch geschrotetes Brot gebacken. Dann war eben ein Teil von der Außenrinde vom Korn dadrunter. Das aßen wir eigentlich am liebsten. Na, dann mengte der morgens an, den „Brabbes“ und dann blieb das mit dem Hewerling, der brachte das zur Gärung, dann sagten wir, jetzt geht der Vorteig, jetzt geht der Teig. Und wenn dann oben so Risse waren, dann tat er den Rest Mehl dadrüber und wickelte sich vorher die Hemdsärmel hoch und fing dann mit den Fäusten an, immer wie so eine Knetmaschine ‘gib ihm’.

Jetzt hatte er so lange Haare an den Armen. Da hing dann das Mehl und der ganze Kram dran. Naja, das war für uns gar nicht unappetitlich, das waren wir gewöhnt. Wir gaben acht, wie der das walkt. Wie eine Knetmaschine. Hin und her. Bis endlich der Teig schön steif war. Er lag in dem einen Drittel in der Mulde. Dann nahm der die Muldenkratze, das war ein flachgeschmiedetes Eisenstück, hinten mit einem krummen Griff dran, und strich sich zuerst mal über die haarigen Arme und streifte diesen Teig auch noch herunter in die Mulde.

Da haben wir achtgegeben und dachten, da wären Haare dabei. Aber, man konnte das nicht sagen. Wir hatten immer das Gefühl, wenn man es so sah, hatte er die Haare alle noch an den Armen. Da mag ein Kratzhaar dabeigewesen sein, aber man hat es nicht gemerkt. Und dann wartete er eine Zeitlang, da nahm er den Daumen und tat in den steifen Teig so kleine Dellen hineindrücken und dann sagte er - wer nun gerade zu Hause war, meistens war ich es , weil ich noch ein Schuljunge war: „So, wir fangen jetzt an Brot zu machen. Mach’ Feuer. Stoch’ nicht zu langsam, stoch’ nicht zu flott.!“ War es kalt, dann mußt du flott stochen, dann mußt du etwas früher gehen.

Der Backes war etwa 500 oder 600 m von unserem Haus weg. Da hat man vorher dann die Schanzen hingefahren, die Bündel Reiser, dann ging man in die Scheune, nahm sich ein Bündel Stroh, und dann in den Backes. Im Backes, wenn der Schornstein raucht, dann gab der zweite, der dritte oder der nach uns buk, der gab acht. Wenn der Schornstein raucht, dann ging der her und machte den Teig. Mein Papa machte das Brot. So griff das eine ins andere. Dann mußte man achtgeben an den Steinen. Die wurden von dem Stochen schwarz. Und je mehr Hitze, je mehr man stocht, je mehr Feuer man macht, wurden die weiß. Und da war die rechte Seite von dem Backes - wie das nun war, aber das war so von Anfang an - ober die besser isoliert war, das weiß man nicht, die war immer heißer als die linke. Und da waren hinten ja so Züge nannten wir das, wo der Rauch rausging, die wurden alle drei aufgerissen, daß der Rauch rausging und dann wurde das Feuer niederbrennen lassen, daß nur noch Glut war.

Dann wurde der „Backeskerscht“ genommen, das war ein Stamm, da war vorne ein Halbmond dran, ein Stück Holz und damit wurde die Glut durcheinander gerührt, damit die nochmal so richtig lebendig wurde. Das gab ja erst die Hitze. Und wenn man dann hinten zwei Fingerbreit an der äußeren Umrandung von dem inneren Backes von den Steinen sah, daß die nur noch schwarz waren, dann aber nix wie heim. Dann ging das im Galopp heim, dann kam jetzt die Entscheidung, ich habe heiß, es ist alles klar, wir müssen noch ein bißchen warten. Gut. Noch ein bißchen warten. Mußte ich zum Backes laufen, muß mit dem „Kiss“ wieder die Glut durcheinander rühren, daß die Luft da dran kam, daß die Hitze blieb. Wieder heimgelaufen. Manchmal hatte man Glück, auf halbem Weg kamen schon die Brotdielen, das waren lange Bretter, 3 cm dick, 35 cm breit, da waren 8 Brote drauf. Da kamen die mit den Brotdielen auf den Buckel und brachten die. Dann wieder Kehrtmarsch in den Backes, da wurde eine Klappe aufgezogen und dann mit dem „Kiss“ wie das Dingen hieß, der Kratzer, die Glut in die Klappe rein. Die fiel unten in einen Aschenbehälter. Wenn das dann soweit war, in der Zeit war das Brot aufgelegt auf so Eisen in der Wand, so Ablagen, dann wurde der „Backeswisch“ genommen, der war entweder aus Gerste oder aus Stroh, ein gebundener Besen, der wurde in Wasser getunkt, damit das immer schön feucht war. Und die letzte Asche wurde unten vom Boden weggekehrt. Das mußte man immer mit so einem Schwung machen, so einem Dreh. Und wie der anfing, daß er glimmte, dann mußte man ihn rausziehen und flott wieder ins Wasser tun, bis das das sauber war. Dann hat man vorher ein paar Spänchen gemacht, so etwas Feuerholz und eine Handvoll Glut tat man in eine Ecke, da legte man das Feuerholz drauf, blies ein bißchen und dann fing das an zu brennen. In der Zeit mußte schon ein anderer das Brot gefrischt haben, mit der Bürste naßmachen und schön abfrischen, damit das nicht direkt so geschreckt wurde, wenn das da reinkam.

Nun ja, dann wurde die Diele quergelegt vor das Ofenloch. Mein Vater nahm das Backschoß, ließ das Backschoß ein paar mal über den Boden fahren von dem Backofen. Wenn das funkelte, wenn das so kleine Funken gab, da sagte er: „Du hast zu heiß!“ Dann schoß der auf die linke Seite. Die linke Seite war ewig nicht so heiß. Da schoß der das ganze Brot, 16, 18 Stück, links der Reihe nach hinein. Das muß man verstehen. Dann wird das Brot mit der linken Hand von der Brotdiele angehoben und die rechte Hand klopft sich immer tiefer bis Mitte Brot drunter, und hat das auf der rechten Hand sitzen und ein Schub auf das Backesschoß. Das ist das Ding, wo man das Brot mit reinschießt. Und dann wird das vorgeschoben bis zu dem Platz, wo das Brot liegen soll und ein Zug und dann sitzt das. Zieht man das Schoß zurück und das geht dann ziemlich flott. Und dann wird das Feuerchen, das man sich vorher gemacht hat mit der Hand weggescharrt, Ofentürchen zu und sämtliche Züge zu. Das sind so Schübe, wo der Rauch weggeht, die müssen zu. Wenn die nicht zu sind, dann hebt sich die Kruste an dem Brot, dann hat man nachher ein loses Brot, d.h. dann ist die Kruste von dem weichen Brot, von dem Krumen, getrennt. Deshalb muß der Zug zu sein. Und dann geht der Griff zur Uhr. Dann wird gesehen. So, es ist soviel Uhr. In ¼ Stunde müssen wir einschießen oder frischen. Einschießen ist, wenn das Brot nicht flott genug braun wird in der ¼ Stunde, dann muß es auf die rechte Seite, weil die heißer ist. Ist das Brot aber gut braun geworden, auf der Seite, dann kann man es verteilen. Aber nicht auf die rechte Seite schießen, das packt das dann zu stark an. Das ist auch nichts, das gibt dann nachher zuviel Kruste. Nach ¼ Stunde wird ein Zugloch ein bißchen aufgezogen, daß der Dampf abgeht und dann wird jedes Brot wieder herausgeholt, wird geprüft und was sehr wichtig ist, gefrischt. Wieder gefrischt mit Wasser. Soll das Brot hell sein, daß man nicht so heiß hat, dann wird nur eingeschossen auf die rechte Seite und nicht gefrischt. Ist das Brot aber schon ganz schön braun, dann wird das Brot gefrischt und zwar jedes Brot gefrischt und jedes Brot so ca. 5 Minuten aus dem Ofen herausgeholt und auf die Brotdiele gelegt. Aber nicht länger. Sonst löst sich die Kruste wieder. Da mußt du ganz fix sein, frischen, nebenhin legen. Da haben wir manches mal mit unseren kleinen Händen an dem heißen Brot herumgerafft. Wehe dem, wenn eins runterfiel. Ja, und dann, das Brot alle drin, da nahm der das Frischwasser und schüttete in den ersten Backofen so 2 l Wasser und machte in dem Moment alle Zuglöcher zu, daß der Wasserdampf da drin blieb, daß dort eine feuchte Luft drin war. Dann wurde zugemacht, auf die Uhr gesehen, und dann hieß es, dann und dann tun wir aus. In einer ¾ Stunde. Dann gingen wir heim.

Nun ja, dann wurde daheim die Backmulde weggeräumt, die Bank saubergemacht, der Mehlsack weggestellt, der Tisch saubergemacht und wieder auf seinen Platz gerückt. Ja und da dauert das gar nicht so lange, da mußte ich so einen alten Kohleneimer aus dem Schuppen holen und dann ging es wieder in den Backes. Dann wurde die Kohle, die sozusagen ganz verkohlt war, in den Kohleneimer getan, und obendrüber, wenn Schnee war, ein bißchen Schnee, sonst verbrannte man sich die Hände, oder nur mit Wasser, die Glut ein bißchen totgemacht. Da mußte ich die Kohle mit nach Hause nehmen. Die wurde immer in den Garten geschüttet. Immer ein Platz neben dem anderen. Niemals auf einen Haufen. Da wurde der Garten mit gedüngt.

Dann wurde das Brot rausgeholt. Das erste Brot, was man rausholte, je nachdem wer an der Schoß war, der klopfte unten drauf, mit dem Finger auf die Unterseite wurde geklopft. Und am Klang hört man, ob das Brot durchgebacken war oder ob es noch etwas vertragen hätte können. Es muß hell klingen. Und dann kam es auf die Brotdiele und wurde wieder gefrischt mit Wasser. Dann kriegt das einen Glanz, dunkelbraun wie Schokolade, genau wie Schokolade. Naja, und dann haben wir Kerle, wie wir so 13 , 14 Jahre alt waren, 8 Brote nach Hause getragen. Zwei Dielen aufeinander gepackt, daß wir nicht zweimal laufen mußten. Da kam man nach Hause und war eingebrochen. Jetzt kam das Brot daheim wieder auf den Tisch und zwar auf die Brotdiele. Hatte man abends gebacken, blieb es über Nacht auf der Brotdiele zum Auskühlen. Hatte man morgens gebacken, wurde es abends von der Brotdiele genommen und zwar in den Keller getragen. In eine große Holzkiste. Und der Keller war feucht und kühl. Und da wurde das Brot hochkant gestellt. Und die, die das Brot in den Keller trugen, die piddelten von dem Brot die Krüstchen außen ab, wo das gegeneinander geschossen war. Eine wunderbare Verzierung, so krubbelige Krüstchen, die wurden dann schon mal verdachst. Wir bekamen nachher gescholten und dann hieß es, die Mäuse waren dran. Und dann ging es so weiter. Dann schmeckte das Brot erst am zweiten oder dritten Tag. Das schmeckte dann so richtig weich, so richtig sämig. Man darf nicht vergessen , bei jedem Brotbacken ab Herbst, ab September, Oktober wurde Knigges gebacken. Das ist eine rechteckige Form, die ist außen 5 cm hoch und hat zwei Henkel. Dann wurden Kartoffeln gerieben und da wurde das Kartoffelwasser nicht weggeschüttet, wurde noch ganz wenig Mehl drangetan und so wie die geriebenen Kartoffeln waren, die Form mit Öl ausgegossen, die Kartoffeln reingegeben und obendrauf mit guter Butter schwere Butterfische gesetzt. Drei Reihen. Und der Knigges, der kam auf die heißeste Seite. Und der konnte Hitze vertragen. Der hatte nachher so eine schöne braune Kruste und innen war er so wie gekochte Kartoffeln. Aber der wurde dann in Riemen geschnitten. Heiß wie er war und dann wurde er gegessen. Und dann haben wir uns dran geknüppelt, daß es nicht mehr schön war. Und der Rest wurde abends in die Pfanne geschnitten.

Ja, so hatte man seine Arbeit mit einmal Brot backen.








Das Buch Vom Korn zum Brot (Erleben - begreifen - verstehen) dient als Kopiervorlagen für einen handlungsorientierten u. fächerverbindenden Sachunterricht (1. bis 4. Klasse). Die Kinder lernen die wichtigsten Getreidearten und den Aufbau einer Getreidepflanze kennen. Informationsseiten und detailliert angeleitete Experimente unterstützen sie hierbei. Der Getreideanbau früher und heute wird mithilfe von Bildergeschichten anschaulich vermittelt.

Die "Lernwerkstatt - Vom Getreidekorn zum Brot" erklärt den Schülerinnen und Schülern den Weg vom geernteten Getreidekorn bis zum köstlichen Mehrkornbrot auf dem Frühstückstisch.