Algenbrot






Algenbrot


Der Umsatz steigt – die Bäcker freuen sich. Das grüne Algenbrot aus Klötze tritt zumindest in der Altmark einen Siegeszug an, der die Region in Erstaunen versetzt.
Seitdem am 23. Juni 2000 die Produktionsanlage für die großtechnische Produktion von Mikroalgen in der Firma Ökologische Produkte Altmark GmbH (ÖPA) ihre Arbeit aufnahm, scheint das Städtchen ein ,,Algenfieber“ gepackt zu haben, dessen Ende noch nicht absehbar ist.

Algenbrot, Algenbrötchen, Gebäck mit Algenzusatz – die drei Familienbäckereien in Klötze sowie ein Bäckermeister aus Kunrau haben die grüne Spezialität bereits fest im Programm. ,,Dass ich einmal Algenbrot backe, hätte ich mir noch vor einem Jahr nicht träumen lassen“ verdeutlicht Bäckermeister Helmut Förster und bestätigt das ,,lebhafte Kundeninteresse.“ Zwei weitere Bäckereien der Region, darunter auch die Ökobäckerei in Apenburg testen den Einsatz des Algenmehls.
In den Bäckereien klären Informationsblätter die Kunden über die Vorzüge der Mikroalge mit dem lateinischen Namen Chlorella vulgaris auf. Offensichtlich mit Erfolg. Kostproben der neuen, so ungewohnt grün aussehenden Spezialität laden auf den Ladentheken zum Probieren ein und der Kunde ist dankbar.
Für die Bäckereien ist die Verarbeitung denkbar einfach. Zwischen drei und fünf Prozent des traditionellen Mehles werden durch das tief grüne Algenmehl ersetzt. Das genügt, um dem Teig die typische dunkelgrüne Färbung zu geben. Damit das Ganze dann noch hübsch aussieht und die wertvollen Inhaltsstoffes des Algenmehles den Backprozess unbeschadet überstehen, bekommt das Algenbrot einen Teigmantel aus traditionellem, braunen Brotteig, begründet der Fachmann. Geschmacklich sind Backwaren mit Algenzusatz nicht von herkömmlichem Broten oder Brötchen zu unterscheiden
Die Ursache für den Siegeszug des neuen Brotes erklärt Bäckereiverkäuferin Jaqueline Constabel mit dem Hinweis auf die gesundheitsfördernden Eigenschaften der Alge. ,,Sie verbessern das Wohlbefinden, stärken den Kreislauf und die Abwehrkräfte“, zitiert die Verkäuferin
das Informationsblatt auf dem die Wirkung der Alge auf die menschliche Gesundheit erläutert wird. Die Verkäuferin berichtet unter anderem über eine Kundin, die unter Migräne leidet. ,,Seitdem sie Algentabletten nimmt und Algenbrot isst, geht es ihr besser.“ Kein Einzelfall – davon ist Constabel überzeugt. Die Alge ist im Bäckerladen ständig im Gespräch und damit im doppelten Sinne in aller Munde.
Wissenschaftliche unstrittig ist, dass die Mikroalge lebenswichtige Proteine, Kohlenhydrate, Fette, Vitamine und Mineralien enthält. Darüber hinaus sollen die Zellwand-Fasern der Chlorella zu ihren wichtigsten Bestandteilen gehören. Sie sind ein unverdauliches Zellulosematerial, mit der Eigenschaft, Umweltgifte im Körper anzuziehen, zu binden und da sie unverdaulich sind, aus dem Körper auszuscheiden.
Die Preise für die gesundheitsfördernde Spezialität sind dennoch ganz erschwinglich. Während der Bäckermeister für ein Kilogramm Algenmehl 60 Mark über die Ladentheke schieben muß, kostet den Kunden ein normales Algen-Mischbrot von einem Kilogramm Gewicht 4.50 Mark. Algen aus Klötze in konzentrierter Form sollen als Tabletten ab September das Apothekensortiment bereichern, kündigte ÖPA Prokurist Gottfried Mende auf Nachfrage an.






Mikroalgenproduktion


Klötze (cs). Pflanzen die auf Äckern, Wiesen, in Wäldern, im Wasser, in Gewächshäusern und auf Dächern wachsen sind bekannt. Dass Pflanzen auch in Glasröhren von 40 mm Innendurchmesser wachsen, ist eher ungewohnt. Realität ist dies in der laut Betreiber weltweit einzigartigen Produktionsanlage für die großtechnische Produktion von Mikroalgen der Firma Ökologische Produkte Altmark GmbH (ÖPA). Am 23. Juni 2000 fällt in Klötze in der westlichen Altmark der offizielle Startschuß für die Produktion. Chlorella vulgaris ist der Fachname für die einzellige Pflanze, die in ihrem Element Wasser, als dunkelgrüne Flüssigkeit sichtbar, jeweils 48 Meter lange Einzelrohre rund um die Uhr durchströmt und sich dabei vermehrt. Dazu benötigt die Alge CO2, das über Gasaustauschbehälter zugeführt wird sowie Mineralsalze und Licht. Licht ist in der Anlage reichlich vorhanden, es strömt durch die Glaswände und Dächer der Gewächshäuser über 12.000 Quadratmeter Fläche reichlich ein. Im Ergebnis entsteht Algenmasse und Sauerstoff. Hat die Algenmasse eine Dichte von 2-6 Gramm je Liter erreicht, wird geerntet. Dazu werden Teilmengen des mit Algen angereicherten Wassers regelmäßig entnommen und mit Frischwasser aufgefüllt. Nach der Trennung von Wasser und Algenmasse besorgt ein Sprühtrockner die Endverarbeitung, bevor das Algenpulver über eine Abfüllanlage eingetütet wird. Der entstehende Sauerstoff entweicht in die Produktionshallen. "Bessere Luft als in den Gewächshäusern gibt es sicher in ganz Klötze nicht“, schmunzelt Geschäftsführer Dr. Gottfried Mende. Da in den 20 nagelneuen Gewächshäusern am Stadtrand der kleinen Altmarkstadt Klötze Glasröhren von knapp 500 Kilometer Länge, rund um die Uhr von dem algenhaltigen Wasser durchströmt werden, wird auch ständig geerntet. Immerhin 700 Kubikmeter Wasser, etwa soviel wie 7000 gefüllte Badewannen, werden in den Glasröhren der Algenproduktionsanlage bewegt. Moderne Computertechnik und ein betriebseigenes Labor überwachen, das sowohl bei der Algenzucht als auch bei dem anderen Betriebszweig, der Produktion des Torfalternativstoffes Pietal, die Parameter stimmen und beste Qualität die Produktionshallen verläßt. Das Endprodukt, ein Algenextrakt in pulverisierter Form soll nach Planungen der Betreiber künftig in Größenordnungen von 150 Tonnen jährlich die Firma verlassen. Es eignet sich nach Aussagen des Geschäftsführers Dr. Gottfried Mende nicht nur als Nahrungsergänzung für Menschen und als Zusatz zu Kosmetika sondern stellt vor allem für Tierzüchter eine Futterergänzung dar, die nach Untersuchungen des Institutes für Getreideverarbeitung GmbH (IGV) aus Bergholz-Rehbrücke bei Potsdam wesentlich zur Gesunderhaltung und zum Wachstum von Jungtieren beitragen könnte. Am 24. Juni sind im Rahmen eines Tages der offenen Tür interessierte Bürger eingeladen, sich ein eigenes Bild von der Anlage zu machen. Von der tschechische Firma Bohemia wurden in der Aufbauphase insgesamt 500 Tonnen Glas nach Klötze transportiert worden. Dafür seien weltweit erstmalig sechs Meter lange Glasrohre hergestellt, die über 80800 Klebestellen miteinander verbunden sind. ,,Das war für Bohemia der größte Einzelauftrag in nachsozialistischer Ära“, verdeutlichte Mende.






Süßwassermikroalgen


Sie haben einen hohen Anteil an lebenswichtigen ungesättigten Fettsäuren, Spurenelementen (z.B. Selen), Mineralien (Calcium und Magnesium), allen wichtigen Vitaminen und Ballaststoffen. Süßwasseralgen gelten als Vollwertnahrung. Ihre hauptsächliche Wirkung besteht in der Stärkung des körpereigenen Abwehrsysthems. In Asien, USA und Polen schon lange als gesundheitsfördernde Lebensmittelzusätze bekannt, werden sie nun auch in Deutschland industriell hergestellt. Mikroalgen können praktisch allen Lebensmitteln wegen ihres neutralen Geschmacks zugesetzt werden: vom Brot über die Nudeln bis hin zu Sahnesossen oder Brotaufstrichen. Gegenwärtig verkaufen jedoch nur wenige Bäckereien Brot mit Algenpulver. Will man selbst Mikroalgen der Sorte "Chlorella vulgaris" oder "Spirulina platensis" beim Kochen einsetzen, besteht die Möglichkeit, sich die pulverisierten Mikroalgen im Reformhaus oder Bioladen zu kaufen. Das Deutsche Institut für Ernährungsforschung in Potsdam-Rehbrücke weist jedoch darauf hin, dass Lebensmittel mit speziellen, gesundmachenden Eigenschaften nicht davon abhalten dürfen, generell auf gesunde Ernährung - auch ohne Zusätze - zu achten.






Grünes Brot


Dirk Paedelt hat Konsequenzen aus der verbreiteten BSE-Angst gezogen. Der Schöneberger Bäcker, der sich auf "Functional Food" spezialisiert hat, bietet jetzt als erste Berliner Bäckerei Brot, Brötchen und Muffins an, die Spirulina-Algen enthalten.

Der Vorteil der Mikroalgen: Sie enthalten viele Nährstoffe, die sonst nur in Tieren enthalten sind. "Damit kann man sich völlig fleischlos ernähren", sagt Paedelt. Dies sei insbesondere für Veganer interessant, die oft unter Mangelerscheinungen litten. Paedelts Motivation, Alternativen zu tierischen Fetten und Eiweißen zu entwickeln: "Keiner kann mir garantieren, dass das verseuchte Tiermehl nicht auch an Schweine, Geflügel und Fische verfüttert wird."

Die Spirulina-Alge besteht zu 65 Prozent aus hochwertigem pflanzlichem Eiweiß mit allen essenziellen und neun weiteren Aminosäuren - ein höherer Proteingehalt als bei Fleisch, Fisch, Eiern oder Sojabohnen. Spirulina, eine von etwa 30.000 einzelligen Algenarten, belastet den Körper allerdings nicht mit Cholesterin. Darüber hinaus liefert Spirulina die komplette Reihe der B-Vitamine und verfügt über einen hohen Anteil des Antioxydans Beta-Karotin. Die Alge enthält weiterhin lebenswichtige Mineralstoffe wie Eisen, Magnesium und Kalzium.

Drei Gramm Spirulina decken bereits den normalen Tagesbedarf eines Menschen an Eiweiß. Entsprechend sind die Rationen, die Bäcker Paedelt seinen Produkten beimischt: ein Gramm pro Brötchen, das 95 Pfennig kostet; sechs Gramm für ein Kilo Brot, das 7,80 Mark kostet. Die geringen Mengen reichen allerdings aus, um die Backwaren grün zu verfärben. Paedelt: "Für viele ist sehr gewöhnungsbedürftig." Dennoch seien die Algenbrote gut angenommen worden. "Man schmeckt die Alge überhaupt nicht." Auch Karstadt testet mittlerweile die Kundenresonanz auf Algenbrot; hier hat das grüne Brot jedoch eine klassische braune Kruste.

Paedelt bezieht das Algenpulver von einer Biotech-Firma aus Ludwigshafen, das Kilo kostet derzeit noch 110 Mark. Die Algen sind trotz des noch hohen Preises auf dem Vormarsch: Im Frühjahr wurde im sachsen-anhaltininschen Klötze die modernste Mikroalgenfabrik der Welt errichtet. Eine Rund-um-Beleuchtung sorgt dafür, dass immerhin ein halbe Tonne Grünalgen täglich produziert wird. Die Algen finden Verwendung in Nahrungsmitteln, Kosmetika und - in Tierfutter.